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Kreuzbandriss beim Hund

Ein Kreuzbandriss ist eine recht häufige Erkrankung beim Hund. Bei mir in der Praxis – neben Arthroseerkrankungen – mit Abstand die häufigste Erkrankung, die ich behandle. In diesem Blogbeitrag gehe ich deshalb etwas näher auf das Thema ein.

Welche Funktion hat das Kreuzband beim Hund?

Bildquelle: Dr. med. vet. ECVS Daniel Koch

Das Kniegelenk wird durch zwei Seitenbänder sowie ein vorderes und hinteres Kreuzband geführt. Die Kreuzbänder verhindern eine Verdrehung des Knies und ein Vorwärtsgleiten des Unterschenkels.

Wie entsteht ein Kreuzbandriss beim Hund?

Beim Mensch entsteht der vordere Kreuzbandriss vor allem beim Sport wie Fussball spielen oder Ski fahren – ist also meist traumatisch bedingt. Beim Hund ist das allerdings anders. Hier entsteht der Kreuzbandriss vor allem durch Abnutzung. Das heisst, meistens weisen die Bänder bereits schon vor dem Kreuzbandriss-Ereignis Teilrisse auf. Oft ist deswegen auf den Röntgenbildern bei einem Totalriss auch bereits schon Arthrose zu sehen. Ausserdem ist die Biomechanik des Hundeknies anders als die Biomechanik eines menschlichen Knies. Während der normalen Bewegung des Hundes gibt es permanent eine Kraft, die am vorderen Kreuzband zieht, es langsam ausfranst und schlussendlich reissen lässt.

Je schwerer der Hund, desto häufiger gibt es einen Kreuzbandriss. Je steiler die Hinterhand steht oder je schmaler der Unterschenkel ausgebildet ist, desto häufiger reisst das Kreuzband.

Meistens reisst das vordere Kreuzband beim Hund, das hintere Kreuzband reisst selten.

Das Gemeine an dieser Erkrankung ist, dass nachdem ein Knie von einem Kreuzbandriss betroffen war, das zweite Knie aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls folgt.

Woran merke ich, dass das Kreuzband meines Hundes gerissen ist?

Bildquelle: Hundumgsund

Wenn das Kreuzband ganz reisst (Totalruptur), entlastet der Hund meist sichtbar die betroffene Hintergliedmasse. Oft laufen die Hunde dann sogar auf drei Beinen oder berühren den Boden nur mit der Fussspitze. Falls der Hund intermittierend lahmt – also manchmal scheinbar schmerzfrei läuft und dann wieder hinkt – und/oder Anlauflahmheit zeigt, kann dies auf einen Teilriss (Teilruptur) des Kreuzbands hinweisen. Im Sitz fällt auf, dass der Hund die betroffene Gliedmasse nicht anwinkelt, sondern sich seitlich hinsetzt und das verletzte Bein streckt, so wie mein Kreuzbandrisspatient Eros auf dem Bild links.

Wenn der Hund länger als 2-3 Tage lahmt oder Schmerzen hat, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Falls der Hund mit dem betreffenden Bein gar nicht mehr absteht, sollte sofort – spätestens am nächsten Tag – ein Tierarzt konsultiert werden. Auf jeden Fall sollten in beiden Fällen Spielen oder lange Spaziergänge vermieden und der Hund möglichst geschont werden.

Es gibt beispielsweise den sogenannten «Schubladentest», mit dem der Tierarzt oder auch ein guter Physiotherapeut einen Kreuzbandriss feststellen kann. Dabei wird am auf der Seite liegenden Hund geprüft, ob sich der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel extrem verschieben lässt, sich also die Schublade auslöst. Weiters gibt es beispielsweise auch den «Tibiakompressionstest» sowie natürlich bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Arthroskopie.

Wie ist die Behandlung?

Bei einem Teilriss bekommt der Hund, je nach Schmerzintensität, Schmerzmittel vom Tierarzt und eine physiotherapeutische Behandlung macht hier Sinn.

Bildquelle: Matthias Haab, Universität Zürich

Nach einem Totalriss wird der Hund in der Regel operiert (kleinere Hunde bis ca. 5kg können gegebenenfalls auch anders behandelt werde). Es gibt verschiedene Operationsmethoden, auf die ich hier nicht näher eingehe. Meistens wird durch die Operation die Biomechanik des Knies mithilfe von Schrauben und Platten verändert.

Die Hunde erholen sich in der Regel schnell und gut von der Operation. Oft belasten sie bereits einen Tag nach der Operation das verletzte Bein schon wieder. Nichtsdestotrotz darf der Hund weiterhin nur mässig bewegt werden, Schmerzmittel sind unerlässlich und es ist auf eine strenge Gewichtskontrolle zu achten. Um eine Überbelastung zu vermeiden, sollte der Hund ca. 2 Monate an der Leine geführt werden und die Gassidauer langsam aber stetig steigern. Oft gibt der behandelnde Tierarzt einen Plan mit Empfehlungen für Bewegungsdauer- und -intensität mit. Physiotherapie ist unbedingt angezeigt.

Was bringt Physiotherapie?

Bei einem Teilriss kann das Kniegelenk und damit die Bänder durch schonenden Muskelaufbau der Hintergliedmasse entlastet werden. Dies hat den weiteren Vorteil, dass – wenn das Kreuzband ganz reisst – die Muskulatur bereits aufgebaut ist, was die Regeneration nach der OP günstig beeinflusst. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass eine Operation auch bei einem Teilriss unbedingt empfohlen wird bei schweren und grossen Hunden. Durch das Gewicht, das bei schweren Hunden auf dem Kniegelenk lastet, ist eine Operation und somit die Stabilisierung des Knies absolut notwendig. Bei kleineren, leichteren Hunden können auch mit Physiotherapie und gezieltem Muskelaufbau bereits gute Ergebnisse erzielt werden, wobei auch hier aus meiner Erfahrung irgendwann ein Totalriss des Kreuzbands stattfindet.

Die Ziele der Physiotherapie nach der Operation sind vorallem Schmerzlinderung, Muskel- und Konditionsaufbau sowie das Wiederherstellen der Gelenkbeweglichkeit. Ebenfalls wird mit Physiotherapie das Fortschreiten von Arthrose vermindert und sie wirkt Schonhaltungen entgegen, die unbehandelt Folgeerkrankungen nach sich ziehen können.

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