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Emotionen im Hundetraining

Emotionen – willkommen im täglichen Wahnsinn zwischen Leckerli und Lebenskrise

Wir leben mit Hunden, arbeiten mit ihnen, lieben sie – und ja, wir wollen sie auch erziehen und zu guten Begleitern machen. Und da ploppt es unweigerlich auf: das Thema Emotionen.

Kein Wunder – wir sind schliesslich Menschen, keine Maschinen. Und unsere Hunde? Die sind wahre Meister im Lesen unserer Gefühle. Ein einziger genervter Blick, und schon hat der Rückruf Urlaub. Sitz-Bleib? Nicht in diesem Ton, mein Freund.

Manchmal hat man wirklich das Gefühl, der Hund denkt sich: „Komm du erst mal klar mit dir selbst, dann reden wir über Kooperation.“ Und ganz ehrlich? So falsch liegt er damit nicht.

Obendrauf kommt dann noch das grosse Thema Umwelt. Nicht nur unsere Hunde reagieren sensibel auf äussere Reize – auch wir lassen uns von Konflikten, Alltagsfrust und zwischenmenschlichem Kuddelmuddel schneller aus dem Konzept bringen, als uns lieb ist. Gerade neulich: Ich sitze an diesem Text und zack – mitten rein platzt eine Auseinandersetzung, die für mich gar keine war, für jemand anderen aber offenbar schon.

Ein ganz doofes Gefühl, wenn man auf persönlicher Ebene angegriffen wird, teilweise noch mit einem sehr aggressiven Unterton, obwohl man alles nur richtig machen will. Und zwar immer und in jedem Bereich seines Lebens. Leider spiegeln unsere Hunde momentan die aktuelle Gesellschaft und den Umgang mit Konflikten wider. Konflikte werden – wenn überhaupt – nur noch über Anwälte, Versicherungen und schriftlich gelöst. Auf direkte Kommunikation und Anstand wird leider nur noch wenig Wert gelegt. Meine ich das nur, oder nehmt ihr das auch so wahr?

Wenn wir das schon nicht können, wie sollen dann unsere Hunde untereinander Konflikte lösen. Weil: Wir übertragen unsere Emotionen auf unsere Hunde. Das ist Fakt, dazu gibt es zahlreiche Studien. Eine Studie besagt, dass Hunde die Emotionen ihrer Besitzer sogar auf physiologischer Ebene annehmen. Herzfrequenz und Cortisolwerte bei Hund und Mensch hängen langfristig zusammen. Die Nervosität der Besitzer spiegelt sich im Stresslevel der Hunde wider, nicht umgekehrt.



Emotionen im Hundetraining

Hundetraining ist ja eigentlich ganz einfach: Kommando geben, Hund macht’s, Leckerli rein – fertig. Wenn da nur nicht diese eine winzige Variable wäre: Gefühle. Unsere. Und die vom Hund. Und die vom Postboten. Und die vom Nachbarn, wenn der Hund wieder bellt. Kurz: Emotionen sind im Hundetraining nicht nur dabei – sie tanzen oft sogar Limbo über unsere Pläne. 



Hunde fühlen – und zwar mehr, als uns manchmal lieb ist.

Hunde sind keine Roboter mit Fell. Sie haben Gefühle. Sie freuen sich, sie haben Angst, sie sind manchmal frustriert, manchmal neugierig, und manchmal einfach nur müde vom Leben (oder vom Menschen). Das Entscheidende: Diese Emotionen steuern ihr Verhalten.

Ein ängstlicher Hund wird nicht auf dein Sitz reagieren, auch wenn er’s im Schlaf kann. Ein gestresster Hund ist nicht dumm oder stur – er ist überfordert. Und ein entspannter Hund? Der blüht auf, wird mutiger, lernfreudiger, kooperativer. Emotionen beeinflussen nicht nur das Verhalten unseres Hundes, sondern auch unsere eigene Wirkung im Training.



Der Mensch im Mittelpunkt

Unsere Hunde beobachten uns wie Geheimagenten in der Kaffeepause. Ein schiefer Blick, eine hektische Bewegung, ein gereizter Ton – und zack, ist die Verbindung weg. Kein Wunder, dass der Hund dann lieber dem Grashalm nachschnuppert, als auf unser Hier! zu reagieren. Er hat einfach keinen Bock auf schlechte Gefühle.

Je klarer, ruhiger und echter wir sind, desto eher folgt uns unser Hund. Und zwar freiwillig. Nicht, weil wir lauter schreien oder energischer klickern, sondern weil unsere Ausstrahlung stimmt.



Ein Wort zum „Emotions-Hype“ – bitte mit Mass und Ziel

In letzter Zeit hat sich rund um das Thema Emotion beim Menschen ein regelrechter Hype entwickelt. Achtsamkeit, Selbstliebe, Journaling mit dem Hund… Alles schön und gut – aber manchmal kippt es. Da dreht sich dann plötzlich alles nur noch darum, wie es uns geht, was wir fühlen und ob wir emotional bereit für den Rückruf sind.

Klar: Unsere Stimmung wirkt sich aus – keine Frage. Aber wir sind hier nicht in einer Gruppentherapie, sondern im Training mit einem Lebewesen, das uns führt, wenn wir nicht führen. Emotionen gehören ins Training, ja. Aber: Sie sind Werkzeug, nicht Hauptdarsteller.



Gute Laune = Guter Lerneffekt

Wenn die Stimmung stimmt, läuft’s. Hunde, die sich sicher und verstanden fühlen, lernen schneller, besser und mit mehr Freude. Das hat nichts mit rosa Watte und Kuschelstunde zu tun, sondern mit echter Beziehung.

Ein freundlicher Ton, ein wenig Humor und ein Training, das weder Mensch noch Hund überfordert – das ist die Basis. Kein Stress, keine starren Abläufe, sondern Flexibilität und Verständnis. Dann klappt auch der Rückruf, oft dann sogar ohne Leckerli.



Frust, Stress & andere Stimmungskiller – was tun, wenn’s kracht

Manchmal läuft’s einfach nicht. Der Hund hat Ohren auf Durchzug, du hast einen Tag zum Davonlaufen, und das Wetter ist auch noch gegen dich. Willkommen im Leben.

Wenn Frust aufkommt – bei dir oder beim Hund – hilft nur eins: Durchatmen. Nicht weitermachen im Befehlston, sondern Pause, Reset, vielleicht ein neuer Plan. Emotionale Intelligenz heisst nicht, immer gute Laune zu haben. Im Gegenteil: Wir müssen uns selber treu und authentisch bleiben. Wir können Emotionen nicht abschalten und nicht so tun, als hätten wir keine Emotionen. Unser Hund merkt sofort, wenn wir schauspielern. Was dann? Merken, wann es Zeit ist, die Reissleine zu ziehen. Heute läuft’s einfach nicht, das ist nicht schlimm. Dann erwarte ich halt von mir und vom Hund heute nicht zu viel. Es kommen wieder bessere Momente.



Beziehung statt Befehl – mit Herz, aber auch mit Hirn

Hundetraining ist keine Kommandozentrale, sondern ein Beziehungsangebot. Klar darf es Regeln geben, natürlich braucht es Konsequenz – aber auf Augenhöhe. Und mit Gefühl. Nicht als sentimentale Seifenoper, sondern als ehrliche Verbindung, in der beide Seiten gesehen werden.

Freude teilen, Frust erkennen, Grenzen setzen, aber fair bleiben – so entsteht Vertrauen. Und auf Vertrauen lässt sich alles aufbauen.



Fazit: Ohne Emotion kein Training – aber bitte mit Verstand

Emotionen sind nicht das Problem im Hundetraining – sie sind Teil der Lösung. Aber nur, wenn wir sie ernst nehmen, ohne sie zu dramatisieren. Wer lernt, sich selbst zu regulieren und den Hund wirklich zu fühlen, statt nur zu funktionieren, wird erfolgreicher trainieren – und eine tiefere Beziehung führen. Ja ich weiss, das ist nicht einfach. Aber, auch nicht unmöglich. 

Hundetraining beginnt nicht beim „Sitz“, sondern bei uns. Aber es endet nicht bei unserem Gefühl – sondern bei der Fähigkeit, unseren Hund sicher und klar zu begleiten.

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