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Schmerzen beim Hund – erkennen und vermeiden

Bei mir im Büro hängt ein Bild mit dem Spruch:
«Dogs do speak, but only to those who know how to listen»
(Hunde sprechen, aber nur zu denen, die wissen, wie man zuhört).

Gerade beim Thema Schmerzen ist das wichtiger denn je. Unsere Hunde können Schmerzen erstaunlich lange verbergen – ein instinktives Verhalten, das uns als Halter besonders aufmerksam und feinfühlig machen sollte. Auch wenn Hunde nicht sprechen können, teilen sie uns auf ihre eigene Art viel mit. In diesem Beitrag erfährst du, wie du Schmerzen bei deinem Hund erkennst und was du tun kannst, um sie möglichst zu vermeiden.


 

Warum Hunde Schmerzen verbergen

Schmerzen zu verbergen ist ein tief verwurzelter Instinkt. Dieses Verhalten stammt noch aus ihrer Zeit als Wildtiere: In der Natur bedeutet das Zeigen von Schmerzen oder Schwäche, ein erhöhtes Risiko, von Feinden angegriffen zu werden oder im Rudelstatus nach unten zu rutschen. Das Verbergen von Schmerzen diente also dem eigenen Schutz und dem Erhalt des sozialen Status innerhalb der Gruppe.

Hunde zeigen Schmerz oft erst eindeutig, wenn er bereits erheblich oder schon chronisch ist. Dann zeigen sich die Symptome wie Lahmheit, Heulen, Winseln oder auffällige Verhaltensänderungen aber deutlich.


 

«Der simuliert doch nur!»

Das höre ich oft. So einfach ist es aber leider nicht. Tiere simulieren Schmerzen nicht aus Berechnung. Aus oben genannten Gründen, liegt es nicht in der Natur eines Tieres, zu simulieren. Hunde können den Schmerz aber kurzzeitig ausblenden, wenn ein anderer Instinkt stärker ist. Wenn beispielswiese Nachbars Katze durch den Garten flaniert oder das Eichhörnchen auf den Baum flüchtet. Dann kann der Hund seinen Schmerz sehr schnell vergessen und das Jagdverhalten übernimmt. Das liegt ebenfalls in der Natur der Hunde. Das ist kein Schauspiel, sondern Überlebensinstinkt.

Allerdings gibt es Hunde, die genau wissen, dass es bei Herrchen oder Frauchen mehr Aufmerksamkeit gibt, wenn man z.B. leicht lahmt. Tatsächlich habe ich das auch schon erlebt: Eine Hündin nach einer Kreuzbandriss-OP, die keine Lust hatte auf die immer gleiche Abendrunde. Bei Frauchen hatte man Erfolg damit, weil Frauchen beim Auftreten der ersten Lahmheitszeichen direkt umgedreht ist. Herrchen war nicht so leicht weich zu bekommen (oder hat nicht so gut darauf geachtet) und so lohnte sich da das Lahmen auch nicht. Das ist aber sogenanntes «erlerntes Verhalten» und hat mit echtem Schmerz nicht viel zu tun 😊

 

Wie erkenne ich nun, ob mein Hund Schmerzen hat?

Typische Verhaltensänderungen, die auf Schmerzen hindeuten können:

  • Verändertes Sozialverhalten: Rückzug, weniger Spielfreude, Apathie, oder auch übermässige Anhänglichkeit
  • Plötzliche Ängstlichkeit, Aggressivität oder Reizbarkeit: teilweise auch deutliches Abwehrschnappen beim Anfassen gewisser Körperstellen
  • Körperliche Symptome: Zittern, Muskelzuckungen, veränderte Körperhaltung (gekrümmter Rücken, eingezogener Bauch), Steifheit, Hinken
  • Verändertes Fress- und Trinkverhalten: Appetitlosigkeit, weniger Trinken, keine Leckerchen oder übermässiges, fast schon exzessives Grasfressen
  • Unruhe, häufige Positionswechsel, Schlafprobleme
  • Veränderte Atmung: Plötzlich auftretendes Hecheln oder schnelle Atmung auch in Ruhe
  • Veränderter Blick: traurige, tränende oder gerötete Augen
  • Lautäusserungen: Winseln, Jaulen, Knurren
  • Verändertes Bewegungsmuster: Vermeiden bestimmter Bewegungen wie Treppe laufen, bergauf gehen, ins Auto springen etc. Beschwichtigungssignale wie Gähnen oder über die Schnauze lecken bei bestimmten Bewegungen

Einige weitere Beispiele für Anzeichen bei spezifischen Schmerzen, findet ihr weiter unten in diesem Beitrag.

 

Wie entsteht Schmerz?

Einige häufige Auslöser für Schmerzen beim Hund sind:

  • Krankheiten (z.B. Zahnerkrankungen, Infektionen, Entzündungen)
  • Unfall (Knochenbrüche, Sehnenverletzungen etc.)
  • Degenerative Erkrankungen (Arthrose, Hüft- oder Ellbogendysplasie etc.)
  • Fehl-/Überbelastung
  • Psychische Erkrankungen (Angst, Stress etc.)
  • Falsche Fütterung

 

Arten von Schmerzen

Schmerzen lassen sich grob in zwei Arten unterscheiden:

Akuter Schmerz

  • Örtlich und zeitlich begrenzt (z.B. Prellungen, Zerrungen, Knochenbrüche)
  • Der Schmerz tritt sofort auf und ist deutlich zu erkennen

Chronischer Schmerz

  • Dauert über einen längeren Zeitraum an (z.B. fortschreitende Gelenkerkrankungen, rheumatische Erkrankungen, Nervenerkrankungen)
  • Schmerz schleicht sich langsam an und ist schwierig zu erkennen und zu lokalisieren
 

Anzeichen für spezifische Schmerzen

Akuter Schmerz

  • Jaulen, Winseln, Quietschen, Schreien
  • Starkes Hecheln, Speicheln, Schmatzen
  • Zittern
  • Schonen einer Gliedmasse
  • Vermeidung einer bestimmten Bewegung

Chronischer Schmerz

  • Vermehrtes Ruhebedürfnis
  • Bewegungsunlust
  • Gangbild ist steif oder staksig
  • Dauerhafte Lahmheit
  • Eine oder mehrere Pfoten schleifen
  • Hund vermeidet Treppen steigen, ins Auto springen etc.
  • Hund setzt sich auffällig schnell hin oder lehnt sich an
  • Der Hund zeigt Probleme beim Aufstehen oder Hinlegen
  • Unruhe, Rastlosigkeit
  • Beknabbert oder beleckt öfters ein Gelenk
  • Stellenweise berührungsempfindlich oder warm
  • Muskelverspannungen sind deutlich spürbar
  • Veränderter Gesichtsausdruck
  • Veränderter Körpergeruch
  • Hechelt, schmatzt oder gähnt öfter
  • Verändertes Sozialverhalten (Angst, Aggression)

 

Einfluss der Fütterung

Übergewicht belastet den Bewegungsapparat massiv. Bei erwachsenen Hunden haben Übergewicht und Adipositas einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und die Gelenke. Falsche Fütterung in der Wachstumsphase des Hundes ist besonders sensibel. Bei grossen Hunderassen beispielsweise wird übermässige Energiezufuhr nicht in Fett umgewandelt, sondern führt zu einer steilen Wachstumskurve. Das heisst, der Hund wird zu schnell zu schwer, was sich erheblich auf die Gelenkgesundheit auswirkt.

 

Schmerzen vermeiden – was du tun kannst

  • Regelmässige Gesundheitschecks beim Tierarzt
  • Beobachtung im Alltag: Kenne das normale Verhalten deines Hundes. Veränderungen fallen dir so schneller auf.
  • Gesunde Ernährung & Gewichtskontrolle: Übergewicht ist ein häufiger Auslöser für Gelenkschmerzen und ist stark belastend für den Bewegungsapparat. Zu viel Gewicht kann selbst geringe Veränderungen in den Gelenken zu äussert schmerzhaften Prozessen werden lassen.
  • Richtige Bewegung: Bewegung ist Leben! Völlige Schonung ist oft kontraproduktiv und nur bei akuten Verletzungen oder Entzündungen angezeigt. Ansonsten ist gelenkschonende Bewegung enorm wichtig, z. B. kontrollierte Spaziergänge, Schwimmen oder Physiotherapie.
  • Auch ältere Hunde (richtig) bewegen: Im Alter werden Muskeln abgebaut, die Bewegungen werden steifer, Kraft und Kondition lassen nach. Mit gezieltem Bewegungstraining werden ältere Hunde ausgelastet und der Bewegungsapparat gezielt und schonend fit gehalten.
  • Zahnpflege nicht vergessen: Viele Hunde leiden im Verborgenen an Zahnschmerzen. Regelmässige Kontrolle und Pflege helfen.
 

Was tun bei Verdacht auf Schmerzen?

Wenn du vermutest, dass dein Hund Schmerzen hat:

  • Suche zeitnah einen Tierarzt auf
  • Dokumentiere auffälliges Verhalten (z. B. mit Video)
  • Vermeide Selbstdiagnosen oder Medikamentengabe ohne tierärztliche Absprache

 

Wechselwirkung zwischen Schmerzen und Verhalten

Schmerzen wirken sich oft unmittelbar auf das Verhalten eines Hundes aus. Ein Hund, der Schmerzen hat, kann plötzlich ängstlich, gereizt oder sogar aggressiv reagieren – selbst gegenüber vertrauten Menschen oder Artgenossen. Auch Rückzug, Apathie oder übermässige Anhänglichkeit sind häufige Verhaltensänderungen. Diese Reaktionen sind Schutzmechanismen: Der Hund versucht, sich vor weiteren unangenehmen Reizen zu schützen oder signalisiert, dass er Ruhe braucht. Umgekehrt können aber auch Verhaltensprobleme wie Angst, Stress oder Unsicherheit dazu führen, dass Schmerzen verstärkt wahrgenommen oder sogar ausgelöst werden – zum Beispiel durch Muskelverspannungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Deshalb ist es wichtig, sowohl körperliche als auch emotionale Ursachen bei auffälligen Verhaltensänderungen immer im Blick zu behalten. Was für ein Glück, dass Hundumgsund genau darauf spezialisiert ist. 😊

 

Schmerzmittel: Ja oder nein?

Aus meiner Sicht ist die Antwort ein ganz klares JA – aber ausschliesslich nach Rücksprache mit dem Tierarzt oder der Tierärztin und nur mit Präparaten, die speziell für Hunde zugelassen sind. Bitte niemals eigenmächtig Medikamente aus der Humanmedizin wie Ibuprofen oder Paracetamol verabreichen, denn diese können für Hunde lebensgefährlich sein!

Wer schon einmal unter starken Kopfschmerzen oder Zahnschmerzen gelitten hat, weiss, wie lähmend und belastend solche Schmerzen sein können – da hilft oft nur ein Schmerzmittel. Genauso verhält es sich bei unseren Hunden: Es ist enorm wichtig, den Hund aus dem sogenannten Schmerz-Verspannungskreislauf zu holen und ihm mit einer gezielten, zeitlich begrenzten Schmerzmittelgabe Erleichterung zu verschaffen. Alles andere ist aus meiner Sicht unterlassene Hilfeleistung und tierschutzrelevant.

Natürlich sollte das Ziel immer sein, die Schmerzmittelgabe so gering und kurz wie möglich zu halten. Aber akute oder chronische Schmerzen unbehandelt zu lassen, ist keine Option. Die Lebensqualität deines Hundes steht immer an erster Stelle!

 

Fazit

Schmerzen beim Hund früh zu erkennen, schenkt deinem Vierbeiner Lebensqualität und dir Sicherheit. Beobachte deinen Hund achtsam, höre auf dein Bauchgefühl – und handle lieber einmal zu viel als zu spät. Denn gesunde Hunde sind glückliche Hunde.


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